Vom ältesten Gebäude der Stadt, der Stadt- und Pfarrkirche »St. Marien« zu Wittenberg ging
die Botschaft der Reformation in die Welt.
In »St. Marien« teilte Martin Luther seine Lesart der Bibel mit der Gemeinde, Johannes Bugenhagen predigte hier seine reformatorischen Erkenntnisse. Lucas Cranach der Ältere
(um 1472-1553) schuf für »St. Marien« seinen weltbekannten Reformationsaltar.
Die Pfarrkirche »St. Marien« wurde 1187 erstmals urkundlich erwähnt, um 1280 entstand der
heutige Altarraum.
Die historische Inneneinrichtung wurde nahezu vollständig zerstört während des Bildersturms
im Jahr 1522.
Innerhalb der reformatorischen Bewegung keimten Strömungen auf, die sich mit der Frage auseinandersetzten, ob Heiligenbildnisse und andere Bildwerke erlaubt seien in Anbetracht
der 10 Gebote, zu denen auch das Verbot zählt, Bildnisse von Gott anzufertigen.
Einige Reformatoren, wie Ulrich Zwingli (1484-1531) sprachen sich für ein absolutes Bilderverbot aus. Mit der Frage an sich waren Christen fast von Anbeginn konfrontiert: das Verbot Bildnisse von Gott anzufertigen wurde aus der jüdischen Religion übernommen und wird in Bezug auf Heiligenbildnisse und andere Bildwerke seit jeher kontrovers diskutiert.
Luther verließ sein Exil auf der Wartburg, um seine berühmten Invokavit-Predigten zu halten, die
die Unruhen schließlich beendeten.
Der erste evangelische Gottesdienst in deutscher Sprache fand nicht in der Schlosskirche (»Thesenkirche«), sondern hier in der Stadtpfarrei »St. Marien« statt.
1523 übernahm Johannes Bugenhagen als erster evangelischer Pfarrer die Stadtpfarrei
»St. Marien«. Die Stadtkirche »St. Marien« wird daher mitunter auch als die »Mutterkirche
der Reformation« bezeichnet.
Ein überwiegend moderner Einrichtungsgegenstand: 1983 wurde die Orgel erbaut und
zu Martin Luthers 500. Geburtstag geweiht: einige ältere Bauteile aus der Zeit um die Jahrhundertwenden 17./18. Jh. und 18./19. Jh. konnten aber wieder verwendet werden.
Das sicherlich bedeutendste Kunstwerk, das die neuen Glaubensinhalte der Reformation
in Bildern vermittelt, ist der Wittenberger Reformationsaltar, der in der Wittenberger
Werkstatt von Lucas Cranach d.Ä. entstand und von seinem Sohn Lucas Cranach d.J.
vervollständigt wurde.
Der Altar wird als bildhafte Vermittlung der von Philipp Melanchthon verfassten „Confessio
Augustana (1530)“ gedeutet und ist das Ergebnis einer engen Zusammenarbeit zwischen
den Wittenberger Reformatoren und den Künstlern.
Im linken Flügel tauft Philipp Melanchthon. Zwei Paten assistieren ihm, wobei angenommen
wird, dass der Pate mit dem Taufkissen, ein Selbstbildnis von Lucas Cranach d.Ä. ist.
Der mittlere Teil des Triptychons stellt das Abendmahl dar. An dem runden Tisch können
einige Teilnehmer als Luthers Zeitgenossen identifiziert werden: Luther selbst wird als Junker Jörg dargestellt, ein junger Mann reicht ihm im vorderen rechten Bildrand einen Becher mit Wein.
Links im Bild schiebt Christus dem Verräter Judas (im symbolisch gelben Gewand) ein Stück Brot in den Mund. Den Beutel mit seinem Lohn für den Verrat hält Judas in der Hand.
Im Hintergrund öffnet sich der Raum und zeigt symbolisch einen Baum (Leben) und eine Burg
(„Eine feste Burg...“).
Der rechte Flügel ist dem Stadtpfarrer, Reformator und Beichtvater Martin Luthers, Johannes Bugenhagen, der gerade eine Beichte abnimmt, gewidmet.
Die Predella zeigt Luther von der Kanzel aus predigen, seine rechte Hand deutet eine Art Segensgeste an, während seine linke Hand auf Bibel ruht. Ihm gegenüber am linken Bildrand
sitzt die zum Gottesdienst versammelte Gemeinde, an die er sich wendet.
Der Raum zwischen Luther und der Gemeinde, wird von einer ungewöhnlichen, rein gedanklich vorgestellten Kreuzigung Christi ausgefüllt.
Das älteste Ausstattungsstück der Kirche
(Bildhauer: Hermann Vischer der Ältere aus Nürnberg, um 1425-1488)
Seit 1457 steht das von Hermann Vischer geschaffene Taufbecken in Luthers einstiger
Predigtkirche. Lucas Cranachder Ältere (um 1472-1553) und vermutlich auch sein Sohn,
Lucas Cranach der Jüngere (1515-1586) wurden über diesem Becken getauft.
Über die Jahrhunderte ist das Becken mehrmals räumlich gewandert. Aktuell wurde ein
Standort näher in der Gemeinde gewählt, der theologisch die Taufe als Eingangsstufe zum Abendmahl symbolisiert.
Gegenwärtig ist die Anzahl der Taufen allerdings stark rückläufig, maximal 10 im Jahr.
In jedem Fall gibt es mehr Bestattungen.
Das Grabrelief für Johannes Bugenhagen (1485-1558) im Innenraum der Kirche