St. Laurentii in Süderende auf Föhr
Früher gehörten zu jedem Haus, das zur St. Laurentii-Gemeinde gehörte, auch einige
Grabplätze auf dem Friedhof. Diese wurden mit dem Haus vererbt oder verkauft. Diese
»Hausgrabstätten« prägen den Kirchhof bis heute: einzelne Dörfer haben bis zum heutigen
Tag »ihren« Bereich auf dem Friedhof.
Von 1435 an war Föhr für fast 300 Jahre politisch geteilt: Westerlandföhr mit St. Laurentii
unterstand der dänischen Krone, wo der dänische König den Einwohnern Privilegien
einräumte, wie die Befreiung der jungen Männer vom Wehrdienst, da sie so dringend beim
Walfang gebraucht wurden; während Osterlandföhr mit St. Nicolai und St. Johannis an das
Herzogtum Schleswig fiel.
Seitenblick auf St. Laurentii
Die männlichen Mitglieder einer Familie werden auf Grabsteinen auf der linken Seite durch
eine Art Glockenblume symbolisiert, während die weiblichen Mitglieder einer Familie, Ehefrau
und Töchter, auf der rechten Seite durch Blumen, wie man sie mit der Hand malen würde,
stilisiert werden.
Ist eine der dargestellten Blumen geknickt, so bedeutet dies, dass dass die betreffende
Person zum Zeitpunkt der Entstehung des Grabsteins bereits verstorben war (aufgrund
der hohen Kindersterblichkeit ein häufig anzutreffendes Motiv).
Kindergrabstein: die sich auf die rechte Seite neigende Blume steht für ein verstorbenes Mädchen
Ein frisch bemalter Grabstein, der sehr häufig für Reiseführer fotografiert wird
Das frisch renoviertes Grabzeichen für den Kapitän und Kommodore (Ehrentitel für dienstälteste Kapitäne) Ocke Hinrich Flor.
1827-1852 führte er mehrere Schiffe für eine Hamburger Reederei.
Jacob Ketelsen aus Oldsum hat 85-jährig seinen Heimathafen erreicht
Seine Familie war so arm, dass er bereits mit 10 Jahren zur See fuhr:
»Hier ruhet Jacob Ketelsen aus Oldsum,
daselbst geboren 1774 den 27sten September, verhei-
rathet mit Jung Göntje geb Rörden 1800 den
24sten Januar aus welcher Ehe ihm 9 Kinder
und bis dahin 24 Enkel und 6 Urenkel geboren
sind. Er war vom 10ten bis zum 40sten Lebens
jähre ein mit Glück gesegneter Seefahrer, zuletzt
auch Schiffscapitain, darnach ein betriebsamer Landwirth
auch zeitweilig Kirchenjurat, Schulpatron und Gang-
fersmann verlebte den langen Abend seines Lebens
in Ruhe und Stille und ging am 9ten Mai 1860 zum bes-
sern Leben ein in einem Alter von 85 Jahren, 7 Mo-
naten 12 Tagen (...).«
Das besondere an dieser Glaube-Hoffnung-Liebe-Darstellung ist,
dass sie von einer Sonne bekrönt wird
Die Sonne gibt als Zentralgestirn den Takt des Lebens vor und symbolisiert sowohl Entwicklung,
als auch Standhaftigkeit und Ausdauer. Eigenschaften, die die Anfang 1800 Geborenen und 76- bzw. 88-jährig verstorbenen Eheleute zweifelsohne erlangt haben mussten.
Das Stabkreuz - es gleicht einem Hirtenstab
Auf Kreuzdarstellungen jenseits der Glaube-Hoffnung-Liebe-Symbolik trifft man auf Föhrer Friedhöfen eher selten.
Außergewöhnlicher Kindergrabstein für den 9-jährigen Frederik
Der Grabstein beschreibt in seiner Form ein Kirchenfenster, während die
Grabzeichenbemalung alles Geschriebene in ein Haus Gottes einfasst.
Schlussimpression: drei typische, farbig bemalte und liebevoll restaurierte Grabsteine
aus dem 19. Jahrhundert