Besucheradresse: 30121 Venedig, Italien
(nächstgelegene Vaporetto-Haltestelle auf der Hauptinsel: »Fondamente Nuove«)
Das unter Denkmalschutz stehende Friedhofsareal gilt weltweit als einzigartige Ausnahme
einer Toteninsel: nirgendwo sonst auf der Welt wurde eine komplette Insel als Friedhof gestaltet.
Eine auf 117 Inseln gebaute Lagunenstadt - durch Verfall und Hochwasser bedroht - fasziniert bis heute.
In der römischen Epoche (ab 50 n. Chr.) ließ sich der Volksstamm der Veneter in diesem Gebiet nieder. Die Inseln der Lagune erwiesen sich als idealer Rückzugsraum in Kriegszeiten; die Veneter siedelten schließlich dauerhaft auf den vom Meer geschützten Inseln und begannen auf Pfählen
ihre in der Welt einzigartige Stadt zu bauen.
Nach dem Ende der Seerepublik Venedig, entstand 1804 auf »San Michele« Venedigs Zentralfriedhof. Der Friedhof markierte einen Wendepunkt im Umgang mit den Toten -
fern von Kirchhöfen - und ist typisch für die europäische Friedhofsgeschichte im
beginnenden 19. Jahrhundert.
Heute sind es vor allem gut situierte Venezianer, deren letzte Reise nach »San Michele« führt.
Vaporetto-Haltestelle »San Michele«: Blick entlang der roten Backsteinmauer in Richtung
der Hauptinsel mit dem Altstadtzentrum und der Bahnstation »Santa Lucia«
Die vormals überall in Europa gängige Praxis, die Toten der Stadt auf den Kirchhöfen zu
begraben, wurde auch hier jäh durch ein Edikt des französischen Kaisers Napoleon I. beendet.
1804 bestimmte Napoleon I. die kaum besiedelte Insel »San Cristoforo«
(heute der östlichere Teil der Friedhofsinsel) zum zentralen Friedhof für Venedig.
1813 fand die erste Beisetzung auf Venedigs neuem Zentralfriedhof statt.
Am Schiffsanleger und Friedhofseingang: Blick in Richtung Norden, in Richtung der Insel Murano
Seit je her hat »San Michele« mit Platzmangel zu kämpfen, so dass die Ruhezeiten
heute für eine Grabstelle nach rund 10-12 Jahren auslaufen.
Früher verlegte man die sterblichen Überreste der Toten in das Ossuarium (Beinhaus) auf
der nahe gelegenen Insel »Sant’Ariano«, das 1565 zur Entlastung der zahlreichen Kleinfriedhöfe eröffnet wurde. Dort sollen die sterblichen Überreste mehrere Meter aufeinander geschichtet liegen.
Die »Knocheninsel« gilt heute als unzugänglich überwuchert.
Angehörige, die es sich leisten können, beantragen eine dauerhafte Bestattung: in kleinen Metallkästchen wird die Asche/Knochen der Exhumierten dauerhaft platzsparend aufbewahrt.
Einige wenige können sich Familiengrabstellen mit 100-jähriger Ruhezeit leisten.
Wenn es keine lebenden Angehörigen gibt oder diese nicht zahlungskräftig sind, werden die sterblichen Überreste nach wie vor in ein kommunales Ossuarium auf dem Festland gebracht.
Geleitfiguren entlang der Schiffspassage von der Hauptinsel zur Friedhofsinsel »San Michele«: Bronzeskulptur »Dante's Barke« (2007), Georgy Frangulyan (russischer Bildhauer, geb. 1945
in Tiflis/Georgien)
Bereits 1837 fand die erste Friedhofserweiterung statt: Nach der Säkularisierung des Klosters verband man die durch einen Kanal getrennten Inseln »San Michele« (Klosterinsel) und »San Cristoforo« (seit 1804 Friedhofsinsel) zu einer Insel, der heutigen Insel »San Michele«.
Aus dieser Zeit stammt auch die Umfriedung der Insel(n) durch die rote Backsteinmauer und
die erste Bepflanzung mit Zypressen.
Bis heute finden in regelmäßigen Abständen Friedhofserweiterungen statt, die entweder
dem Meer - oder einer nachhaltigeren Nutzung bestehender Fläche abgetrotzt werden.
Seit Januar 2016 entstehen an zentraler Stelle, neben dem Krematorium, 288 neue
zwei- bis dreistellige Grabnischen für Familien durch effizientere Raumnutzung.
Die »Insel der Toten« im Abendlicht (von der Hauptinsel aus gesehen)
1436: Errichtung des »kleinen Klosters«: Arkaden des romanischen Kreuzgangs,
im Mittelpunkt ein Innenhof mit Ziehbrunnen
Die geschützte Insel begann Anfang des 13. Jahrhunderts venezianische Klostergeschichte
zu schreiben: Kamadulenser - ein katholischer Orden, im 11. Jahrhundert gegründet - ließen
sich auf der ihnen überlassenen Insel nieder und errichteten die ersten Gebäude.
»San Michele« war eine Keimzelle für gebildete Ordensmitglieder und Humanisten, die in
guter Verbindung zum Patriziat der Stadt standen.
Alte Erd- und Wandgräber am Friedhofseingang, die
früher zum Teil Klosterbewohnern vorbehalten waren
Fertigstellung der Außenfassade im Jahr 1477; die weiße Kapelle »Emiliani« wurde
um 1530 von Guglielmo Bergamasco ergänzt; werktäglich Messe um 9:30
Die künstlerisch bedeutendste Zeit erlebte das Kloster ab 1468 als Mauro Codussi
(für Venedig bedeutender Architekt der Frührenaissance) mit der Planung und Bauleitung
der Kirche »San Michele in Isola« beauftragt wurde.
»San Michele in Isola« repräsentiert die zeitgenössische venezianische Kirchenbaukunst
und ist zugleich eines der ersten Renaissancebauwerke in Venedig.
Die einfache und klare Raumgestaltung der dreischiffigen Kirche drückte die intellektuellen und ästhetischen Vorstellungen ihrer humanistischen Auftraggeber vollendet aus. »San Michele in Isola« galt in Venedig nach Fertigstellung als »die Zierde der Stadt« und rangierte unmittelbar nach der Basilika »San Marco«.
Seiteneingang der Kirche »San Cristoforo«, umgeben von in der Erde und in
der Wand bestatteten Urnen, die sich wie ein Kirchhof um »San Cristoforo« gliedern
Die Friedhofskirche »San Cristoforo« ist die kleinere und künstlerisch unbedeutendere
Kirche der beiden Sakralbauten auf »San Michele«.
Für die heutige Bestimmung der Insel als »Heimat der Toten« ist die Bedeutung von
»San Cristoforo« indes zentral und kann auch geographisch als zentraler Fluchtpunkt
der neueren Grabfelder, aber auch der neueren Kolumbarien gesehen werden.
Entlang der historischen Wandgräber gelangt man zum Haupteingang der Kirche
»San Cristoforo« (links davon beginnt der Hauptteil der neueren Erdgräber für Urnen)
Auf Kriegsgeschichte bezogenes Gedenken im neueren Teil der Friedhofs-
arkaden: Venedig gedenkt seiner in Russland vermissten Soldaten
P. gilt als einer der wichtigsten Lyriker des beginnenden 20. Jahrhunderts und als Wegbereiter
der großen Avantgardisten und Schriftstellerkollegen seiner Epoche, wie James Joyce (1882-1941),
W. B. Yeats (1865-1939), T. S. Eliot (1888-1965, Nobelpreisträger: 1948), E. Hemingway (1899-1961).
Nach seinem Literaturstudium in Philadelphia, lebte er ab 1909 ständig in Europa: in London,
Paris, Spanien, Italien; ab 1958 lebte er überwiegend in Venedig.
Bereits seine ersten Veröffentlichungen machten ihn in Venedig über Nacht berühmt. Von 1915
bis ca. 1965 (80-jährig) arbeitete er an seinem Hauptwerk, einem Gedichtzyklus aus 117 »Cantos« (Gesängen), in denen er eine humanistische Gegenutopie entwickelte zur modernen Erfahrung
des Menschen in einer Welt, in der sich Wissen und Wahrnehmung zunehmend zersplittern.
Mit 15 Jahren verließ B. die Schule, eignete sich im Selbststudium die englische und die
polnische Sprache an, während er eine Lehre als Fräser in einer Rüstungsfabrik machte.
B. arbeitete zunächst als Übersetzer, bevor er hauptberuflich Lyrik und Prosa schrieb.
In der Stadt seiner Jugend, St. Petersburg, geriet er zunehmend als intellektueller Außenseiter
unter Verdacht, bis man ihn 1964 zu fünf Jahren Zwangsarbeit verurteilte, mit der Begründung,
er sei seiner »Pflicht als Sowjetmensch zur Erzeugung von Gütern« nicht nachgekommen.
1972 teilte ihm die Petersburger Passbehörde mit, er habe die U.d.S.S.R. innerhalb von
zwei Wochen ohne Familie und ohne Manuskripte zu verlassen. So gelangte B. schließlich
über Wien in die U.S.A., wo er nach Gastvorlesungen eine ordentliche Professur erhielt.
Venedig besuchte er rund 20 mal in seinem Leben, es war die erste wichtige Station seiner Exilzeit.
Nach der Verleihung des Nobelpreises fand B.s breitangelegtes literarisches Werk auch
international große Beachtung, in Russland setzte seine Rehabilitierung ein.
Ein Engel trägt das Kind von der weinenden Mutter fort…
Nach erstem Unterricht bei seinem Vater, einem ev. Pfarrer und am »Konservatorium
der Gesellschaft der Musikfreunde« in Wien, unternahm F. ausgedehnte Konzertreisen.
Bereits 11-jährig trat er als Konzertpianist in Wien auf.
Auf Empfehlung studierte F. bei Frédéric Chopin in Paris und bei Franz Liszt. Zahlreiche
Konzerte in Wien folgten, wo er als einer der ersten die Werke von F. Chopin aufführt.
Seine Ärzte rieten ihm schließlich zu einem Besuch der Seebäder Venedigs, wo er anfänglich Linderung erfuhr, bevor er 15-jährig seiner unheilbaren Tuberkulose-Erkrankung erlag.
1896 ließ sich F. mehrere Jahre in München nieder, wo er sich intensiv mit neuen, gegen
die Tradition gerichteten Einflüssen in der Malerei auseinandersetzte. Ab 1902 pendelte er regelmäßig zwischen Venedig und München.
Von 1912 an beteiligte er sich wiederholt mit seinen Werken an der Biennale in Venedig
(1895 in Venedig gegründet, weltweit älteste internationale Kunstausstellung im Zweijahresturnus).
Seidenschuhe und Blumen werden nach wie vor an seinem Grab niedergelegt
Der gebürtige St. Petersburger gründete 1909 das Ballettensemble »Ballets Russes«.
Auf zahlreichen Tourneen machte er seine Aufführungspraxis, die die Avantgarde in Musik
und Choreographie zu einer neuen Kunstform verband, auch im westlichen Ausland bekannt.
Nach der Oktoberrevolution (1917) kehrte er mit seinem Ensemble nicht mehr nach Russland
zurück.
D. führte die Musik bekannter zeitgenössischer Komponisten auf, wie Claude Debussy
(1862-1918), Maurice Ravel (1875-1937), Richard Strauss (1864-1949).
Seine außergewöhnlichsten Aufführungen einschließlich klassischem Theaterskandal feierte
er aber zusammen mit dem nur wenige Grabstellen entfernt liegenden Igor Stravinsky.
Die avantgardistischen Werke des nahe St. Petersburg geborenen Komponisten prägten
das Musikdenken und Musikempfinden in der Epoche vor- und nach dem Ersten Weltkrieg.
Während seiner gesamten langen Schaffenszeit wurden seine Kompositionen - von
französischer und russischer Kunstphilosophie inspiriert - zum Prüfstein der Moderne.
1939 siedelte S. in die U.S.A. über, wo er im Auftrag der »Philharmonic Society of New York«
seine berühmte »Symphonie in drei Sätzen« schrieb, die er 1946 in New York uraufgeführte.
Vera de Bossett Sudekine (1888-1982), Grabmal rechts von Stravinsky: Abstammung aus deutsch-baltischem Adelsgeschlecht, amerikanische Tänzerin und ehemalige Tänzerin der Diaghilev-Truppe, ab 1940 zweite Ehefrau von Igor Stravinsky
Nach seinem Mathematik-, Physik- und Philosophiestudium in Wien, unterrichtete er an
zahlreichen Schulen und wissenschaftlichen Einrichtungen in Wien und Prag.
1847 erhielt er seine erste Stelle als Professor für Mathematik, Physik, Mechanik und Geometrie.
Ab 1850 leitete er die neu gegründete Abteilung für Physik an der Universität Wien.
In seinem Hauptwerk »Über das farbige Licht der Doppelsterne und einiger anderer Gestirne des Himmels…« setzte er sich unter anderem auch mit der Bestimmung von Sterndurchmessern und -Entfernungen auseinander.
1842 formulierte er den nach ihm benannten »Doppler-Effekt« (= Abhängigkeit der Schallfrequenz von der Geschwindigkeit einer Schallquelle relativ zum Beobachter).