Er gilt als der kleinste Friedhof der Stadt München, der Winthirfriedhof in Neuhausen. Fast könnte man sagen „klein, aber oho!“. Denn der Gottesacker hat sehr viel Prominenz aufzuweisen, ähnlich wie der Friedhof Bogenhausen. Auf Einladung des Münchener Begräbnisvereins unternahm Friedhofsführerin Erika Weinbrecht zusammen mit Interessierten einen Spaziergang entlang der teilweise jahrhundertealten Gräber und besuchte auch die Ruhestätten von kürzlich verstorbenen Prominenten, die sich weit über München hinaus einen Ruf erworben haben.
Die erste urkundliche Erwähnung des Friedhofs Neuhausen stammt aus dem Jahr 1315. Benannt ist der Gottesacker nach dem „seligen Winthir“. Ende des 15. Jahrhunderts wurde die gotische Kirche erbaut, 1597 wurde das Grab des seligen Winthir in die Kirche integriert. Im Volksmund spricht man daher vom „Winthirfriedhof“ und vom „Winthirkircherl“. Der Friedhof besteht aus einem kirchlichen und einem städtischen Teil. Heute ist er rund 2800 qm groß, es gibt etwa 180 Grabstätten. Wer auf dem Neuhauser Friedhof beerdigt werden möchte, muss mindestens 30 Jahre lang einen durchgängigen Hauptwohnsitz im Bestattungsbezirk Neuhausen gehabt haben. Heute werden auf dem ehemaligen Dorffriedhof vor allem Personen beerdigt, die sich um die Stadt München verdient gemacht haben. Unter anderem sind dort bestattet: der Prinzenerzieher und Religionslehrer des späteren Königs Ludwig I., Joseph Anton Franz Maria Sambuga, der Erzgießer Johann Baptist Stiglmaier, der Ingenieur und Gründer des Deutschen Museums, Oskar von Miller, der Priester und Heimatdichter Dr. Peter Dörfler, die Dichterin und Bildhauerin Ruth Schaumann, der Schriftsteller und Journalist Siegfried (Sigi) Sommer und der Schauspieler Jörg Hube. pp
In einem Fichtenwald, der durch intensive Holznutzung große Lichtungen aufwies, wurde 1907 der erste „Waldfriedhof“ in Deutschland angelegt und eingeweiht. Die Pläne dazu stammen von Stadtbaurat Hans Grässel, dem bedeutendsten Friedhofarchitekten seiner Zeit. Durch Abkehr von der streng geometrischen Form früherer Zeiten wurden die Grabstätten so eingebettet, dass der Waldcharakter erhalten blieb. Auch heute noch ist ein Gang durch Deutschlands zweitgrößten Friedhof wie ein Spaziergang im Wald: Zwar hat dieser schöne Friedhof mit mehreren Eingängen nicht ganz so viele Prominentengräber wie der Alte Südliche Friedhof bei St. Stephan – doch auch im Waldfriedhof erzählen die Steine, Kreuze und Tafeln von einem Stück junger und jüngster Zeit- und Kulturgeschichte Münchens und Bayerns.
Interessierte Teilnehmer ließen sich von Friedhofsführerin Christa Bühl die Geschichte dieses renommierten Friedhofes nahe bringen und besuchten mit ihr die Ruhestätten bekannter Persönlichkeiten im Neuen Teil: Dieser wurde in den 1960er Jahren als Erweiterung des Alten Teils angelegt und unterstreicht mit einem See, Langgraswiesen und Biotopbereichen den naturnahen Charakter dieses Friedhofs, der übrigens der größte Friedhof Münchens ist und nach dem Friedhof in Hamburg-Ohlsdorf als zweitgrößter Friedhof Deutschlands gilt. Die MBV-Gruppe kam an den Baumgräbern der Schauspieler Wolfgang Wahl und Hans-Jörg Felmy vorbei, besichtigte die Anatomie-Gräberanlage und die der Katholisch-Integrierten Gemeinde sowie die Grabanlagen für Föten und Totgeburten – eine Besonderheit dieses Friedhofs. Weiter ging es zu den letzten Ruhestätten u.a. der Schauspielerin Oda Waller, des Filmproduzenten Steffen Kuchenreuther, des „Ochsensepp“ Minister Josef Müller, des Kabarettisten Werner Finck oder des Motorradrennfahrers Ludwig „Wiggerl“ Kraus. Insgesamt beinhaltet der Waldfriedhof etwa 64.500 Grabstätten und umfasst eine Fläche von knapp 162 Hektar. pp
Der von 1896 bis 1907 durch Stadtbaurat Hans Grässel errichtete neue Münchner Nordfriedhof lehnt sich in seinem Grundschema eng an den Ostfriedhof der Stadt an, der Bau kostete jedoch nicht einmal halb so viel wie der Ostfriedhof. Trotzdem ist der Nordfriedhof ein Refugium, das zu jeder Jahreszeit dem Besucher viel zu erzählen hat, begegnet ihm doch überall Geschichte, die wunderbar eine Verbindung zur Moderne gefunden hat. Der Friedhof besteht insgesamt aus 30 Hektar Fläche und wurde seit seiner Eröffnung im Jahr 1899 neunmal erweitert, wobei auch der seit 1874 bestehende Friedhof der ehemals selbstständigen Stadt Schwabing integriert wurde.
Im Rahmen einer MBV-Führung brachte Friedhofsführerin Christa Bühl interessierten Teilnehmern jedes Alters fachkundig Geschichte und Ruhestätten dieses „Schwabinger Schmuckstückes“ mit aktuell etwa 32.700 Grabplätzen näher. Der Rundgang führte u.a. zu den Gräbern vieler bekannter Persönlichkeiten, deren Namen eng mit München verbunden sind: Franz von Defregger, Sammy Drechsel, Manfred Eickemeyer, Klaus Piper, Ludwig Petuel, Eduard Zimmermann, Carl-Heinz Schroth und Johannes Heesters sowie eine Reihe weiterer Persönlichkeiten, deren Namen aus Film und Fernsehen, aus Wissenschaft, Verlagswesen und Politik ein Begriff sind. pp
Wieder gut besucht war die letzte Führung im diesjährigen „Führungsreigen“ des MBV: Die Friedhofsexpertin Erika Weinbrecht unternahm mit den interessierten Teilnehmern einen lehrreichen und stellenweise recht humorvollen Spaziergang über den ältesten Gottesacker Münchens, der viele Schlachten, Weltkriege und Pestwellen überstanden hat und im vergangenen Jahr auf 450 Jahre seines Bestehens zurückblicken konnte. Aktuell sind noch rund 5.000 Grabstätten sichtbar, vor dem Zweiten Weltkrieg waren es auf dem gleichen Areal 24.000 Gräber. „Die meisten Gräber wurden durch die Bombenangriffe auf München zerstört, wahrscheinlich waren die umliegenden Krankenhäuser das Ziel der Fliegerangriffe und der Friedhof geriet mit ins Visier“, so Erika Weinbrecht. 1944 fand übrigens das letzte Begräbnis auf dem Alten Südfriedhof statt.
Die Teilnehmer der Führung konnten auf der Tour eine Fülle an interessanten Begebenheiten erfahren und erhielten viele Informationen über diesen Friedhof nahe dem Sendlinger Tor, der im 18. Jahrhundert und mehr als ein Jahrhundert lang der Zentralfriedhof der bayerischen Haupt- und Residenzstadt München war. Eröffnet wurde die Begräbnisstätte einst aus einem pragmatischen Grund: Die Kapazitäten der Münchner Friedhöfe reichten nicht mehr für die vielen Pesttoten aus. Allein im 17. Jahrhundert wurden etwa 15.000 Münchner auf dem sogenannten „Pestfriedhof“ begraben. So fanden zahlreiche namhafte Persönlichkeiten des 18. und 19. Jahrhunderts aus Wissenschaft, Politik, Kunst und Kultur auf diesem Friedhof ihre letzte Ruhestätte - unter ihnen der Bildhauer Roman Anton Boos, der Erfinder und Konstrukteur Josef von Fraunhofer, der Erfinder Franz Xaver Gabelsberger, der Baumeister Leo von Klenze, der Hygieniker Max von Pettenkofer und der Maler Carl Spitzweg. Besucht wurden darüber hinaus u.a. auch die Ruhestätten von Arnold von Zenetti, Johann Andreas Schmeller, Franz Xaver Zacherl und Ferdinand Kobell. pp